Die ehemalige GMAC-RFC Bank GmbH ist in der Entscheidung des LG Berlin vom 22.03.2011 in einem so genannten „Schrottimmobilienfall“ zum Schadensersatz und zur Rückabwicklung der finanzierten Immobilienkapitalanlage verurteilt worden. Die Instanzgerichte beginnen somit, die Rechtsprechung des BGH zur Haftung der Bank wegen einer sittenwidrigen Kaufpreiserhöhung nach den Grundsätzen des so genannten „Augenverschließens“ umzusetzen. Dies ist ein guter Anfang, obwohl die Haftung der Bank in diesen „Schrottimmobilienneufällen“ unserer Ansicht nach noch nicht weit genug geht.
Während einige Banken nach den schmerzlichen Erfahrungen mit den klassischen „Schrottimmobilienfällen“ der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zunehmend von Finanzierungen im „Strukturvertrieb“ Abstand genommen haben, hat zu Beginn des neuen Jahrtausends die ehemalige GMAC-RFC Bank GmbH, die nach Rückgabe ihrer Banklizenz zunächst unter „GMAC-RFC Servicing GmbH“ und nunmehr unter „Paratus AMC GmbH“ firmiert, eine Vielzahl von Immobilienfinanzierungen vorgenommen. Ausweislich der Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Anlegerschutz vom 09.01.2009 hat die GMAC-RFC Bank GmbH seit dem Jahre 2005 über 10.000 Kreditverträge abgeschlossen.
Die Geschäfte der ehemaligen GMAC-RFC Bank GmbH waren bereits Gegenstand einer Kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag. Dort wurde die Bundesregierung um eine Bewertung der Presseberichte, dass „die Finanzierungen scheinbar systematisch über eine Vertriebsstruktur auch dazu genutzt wurden, Immobilien minderer Qualität in den neuen Bundesländern als Altersvorsorge an Bürgerinnen und Bürger zu verkaufen“ ersucht (vgl. BT-Drucks. 16/11713 vom 22.01.2009).
Die zu entscheidenden Sachverhalte in sämtlichen Gerichtsverfahren sind dem Grunde nach gleich. In den Prozessen wird von der Gegenseite stets vorgetragen, dass ihr die Überteuerung der Immobilie und deren mangelnde Rentabilität nicht bekannt gewesen seien. Gängige Praxis bei der ehemaligen GMAC-RFC Bank GmbH war es nach deren Vortrag, im Wege einer so genannten „drive by inspection“ die Immobilie zu besichtigen und hiernach den Wert festzusetzen. Dieser Wert soll immer nahezu dem Kaufpreis entsprochen haben. Von einer sittenwidrigen Überteuerung habe die GMAC-RFC Bank GmbH demgegenüber nichts gewusst.
Nachdem in einem Verfahren vor dem LG Berlin ein Gerichtsgutachten die massive und sittenwidrige Überteuerung der dort streitigen Immobilie bestätigt hat, ging das Gericht in seinem Urteil vom 22.03.2011 dennoch von einer Kenntnis der ehemaligen GMAC-RFC Bank GmbH aus. Nach den Feststellungen des LG Berlin war ihr aufgrund der in Auftrag gegebenen Besichtigung die sittenwidrige Überteuerung positiv bekannt, jedenfalls hat sie vor dieser Erkenntnis bewusst die Augen verschlossen.
Diese Entscheidung ist ein erster und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Das Gericht setzt die Entscheidung des Bankrechtssenats des BGH vom 29.04.2008, XI ZR 221/07 (veröffentlicht in BGH, WM 2008, 1121) und vom 15.06.2010, XI ZR 318/09 (veröffentlicht in WM 2010, 1448) zum so genannten „Augenverschließen“ in aller Konsequenz um. ( siehe hierzu BGH Urteil) Die Gleichstellung der positiven Kenntnis mit einem „bewussten Augenverschließen“ bringt in den Prozessen erhebliche Erleichterungen für den Anleger beim Nachweis der Kenntnis der finanzierenden Bank.
Unserer Ansicht nach geht diese Entscheidung jedoch in den „Schrottimmobilienneufällen“ noch nicht weit genug. Nachdem hier nach Inkrafttreten der Änderungen durch das OLG-Vertretungsänderungsgesetz ein neuer rechtlicher Rahmen gegeben ist, muss in den Fällen ständiger Geschäftsbeziehungen der Bank mit dem Vertrieb/Immobilienverkäufer vielmehr eine vollständig kenntnisunabhängige Haftung der finanzierenden Bank angenommen werden.
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