Das LG Hannover attestierte der BHW Bausparkasse AG mit einem durch unsere Kanzlei erstrittenen Urteil vom 01.11.2018, Az.: 4 O 306/15, erneut, dass deren Widerrufsbelehrungen fehlerhaft sind. Weitaus gewichtiger ist die Feststellung des Gerichts, dass den Darlehensnehmern im Vergleich zu dem damals üblichen Marktniveau zu hohe Zinsen abverlangt worden sind. Damit können auch entsprechende Verträge, die vor dem 11.06.2010 abgeschlossen worden sind, heute noch wirksam widerrufen werden. Eine Überprüfung der Darlehenskonditionen ist daher dringend anzuraten.
Gerade im Zusammenhang mit finanzierten Immobilienkapitalanlagen werden Kredite oftmals zu marktunüblichen Konditionen vergeben. Nach den Erfahrungen der Nürnberger Rechtsanwälte wurden vielen Darlehensnehmern deutlich überhöhte Zinsen abverlangt. Dies dürfte insbesondere darauf zurückzuführen sein, dass Banken die oftmals mangelnde Werthaltigkeit der Immobilien und damit auch das hohe Risiko der Finanzierungen kannten. Das lassen sich die Banken dann natürlich auch bezahlen.
Auch in einem gegen die BHW Bausparkasse AG durch uns geführten Verfahren vor dem LG Hannover wurde für die Käufer einer sogenannten Steuersparimmobilie in Leipzig unter anderem ein deutlich überhöhter Zinssatz unter Verweis auf die in der MFI-Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Durchschnittswerte gerügt. Die streitgegenständlichen Darlehen überschritten die in der Zeitreihe ausgewiesenen Mittelwerte um 1,05 bzw. 1,34 Prozentpunkte. Darüber hinaus hatten unsere Mandanten auch zahlreiche Zusatzsicherheiten zu gewähren.
Das Landgericht Hannover folgte dieser Argumentation und stellte in seinem Urteil vom 01.11.2018, 4 O 306/15, zutreffend heraus, dass die Darlehen der BHW Bausparkasse AG nicht zu marktüblichen Konditionen ausgereicht worden waren. Zudem sei der Widerruf wegen der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen wirksam erfolgt. Bei den Rechtsfolgen des Widerrufs sprach das Gericht daher der BHW nicht den Vertragszins, sondern lediglich den deutlich geringeren marküblichen Zins zu. Umgekehrt steht den Anlegern ein Wertersatzanspruch in Höhe von 5- und nicht lediglich 2,5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den geleisteten Raten zu. Im Ergebnis führte der Widerruf damit zu einer ganz erheblichen Reduktion der Darlehensrestschuld in Höhe von rund 29.000,00 €.
Nicht nur im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines bereits vor dem 21.06.2016 erklärten Widerrufs ist die Frage der Angemessenheit des Zinssatzes relevant. Auch für Darlehensnehmer, die diese Frist verpasst haben, ist es oftmals nicht zu spät. Die gesetzliche Erlöschensvorschrift des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB gilt nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut ausschließlich für Immobiliardarlehensverträge im Rechtssinn. Diese wiederum setzen marktübliche Bedingungen voraus, was der BGH in seinem Urteil vom 25.04.2017, XI ZR 573/15, erneut unterstrichen hat.
Es zeigt sich also, dass die Darlehenskonditionen nicht nur bei bereits widerrufenen Krediten, sondern auch bei noch nicht widerrufenen Altverträgen eine zentrale Rolle spielen. Darlehensnehmer sollten ihre Finanzierungen daher weiterhin durch einen auf dem Gebiet des Bankrechts fachkundigen Rechtsanwalt prüfen lassen.
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